Selfleadership und Angst…
Selfleadership heißt unter anderem, handlungsfähig zu bleiben, auch wenn sich Angst breit macht: Viele erleben, dass seit den Kriegswirren in Europa noch mehr Gedanken in Richtung der Menschen wandern, die bedroht werden und ihre Sicherheit verlieren. Und es geht darüber hinaus: „Wo führt das hin?“, „Ich möchte nie wieder Sirenen hören!“, „Ich weiß nicht, was ich machen soll!“, „Das hat mich wie eine Welle überrollt!“. Diese Aussagen fallen immer wieder in Gesprächen und basieren vermutlich auf dem Gefühl, der Dynamik ausgeliefert zu sein und eigenen schlimmen Erfahrungen. Oder sie sind das Ergebnis von Berichten anderer Menschen oder der Medien.
Ich halte das für zutiefst menschlich. Und ich gebe zu, ich habe auch die Momente, in denen es mich „packt“. Und zugleich bin ich unendlich dankbar für die Zeichen der Solidarität, Klarheit und Geschlossenheit, die wir und unsere politischen Vertreter*innen zeigen – auch wenn ich nicht jede einzelne Ankündigung und Einschätzung in aller Tiefe verstehe oder mittragen möchte. Es ist eine gedankliche Gemengelage, die manchmal schwer in Zaum zu halten ist und ich wünsche mir mehr Zuversicht und Stärke denn ich weiß, dann bin ich – dann sind wir – besonnener und handlungsfähiger.
Gedanken enttarnen – Zuversicht stärken
Der Circle of Influence von Steven Covey mag gerade in dieser schwer erfassbaren Lage ein hilfreiches Instrument zu sein, um sich nicht zu stark von Angst einfangen zu lasse. Mit ihm im Hinterkopf kann man Selbstregulation betreiben und Zuversicht stärken. Er regt an, den Gedanken-Fokus „in den Griff zu kriegen“: Im Circle of Influence richtet man den gedanklichen Fokus auf die Aspekte, die man selbst beeinflussen kann und das Hier und Jetzt. Dagegen driften im Circle of Concern die Gedanken eher in Richtung Katastrophenszenarien, man malt Schwarz, das Sichtfeld schränkt sich ein. Schaue ich auf mich selbst, merke ich recht oft unmittelbar, wie ich vom Innenkreis in den Außenkreis schlittere. Beim Schlittern und im Außenkreis entsteht Stress. Um dem entgegenzuwirken, übe ich mich noch mehr, alles drei zu erkennen.
Fünf Selfleadership Tipps um im Circle of Influence zu sein
- Bewusst atmen. So banal das klingen mag, so wichtig ist dieses Werkzeug. Denn wenn ich mich bewusst eine Weile auf meinen Atem konzentriere, entspannt sich der Körper und meine Gedanken gleich mit. Ich richte beispielsweise die Aufmerksamkeit bewusst auf das vom Atem ausgelöste Heben und Senken des Bauches oder auf den in bzw. aus der Nase ein- und ausströmenden Luftzug. Übung macht den Meister. Yoga, Meditation, MBSR & Co. helfen dabei!
- Faktencheck: Ich schaue gezielt, aber nicht permanent (und vor allem nicht am frühen Morgen oder als letzte Aktion vor dem Schlafen) aktuelle Nachrichten. Wenn mir etwas „spanisch“ vorkommt (übertrieben, einseitig) überprüfe ich, was 1-2 andere etablierte Medien berichten. Und ich frage mich bewusst: Was macht das jetzt gerade mit mir? In welchem Kreis befinde ich mich gedanklich? Sind aufgekommene Befürchtungen berechtigt oder habe ich gerade den schwarzen Pinsel in der Hand? Zu viel Schwarz bedeutet: Atmen. Oder…
- Miteinander sprechen: Sorgen, Angst, Fragen und andere Gedanken teilen. Hinterfragen wie andere auf ihre Einschätzungen kommen hilft mir zu einem neuen Bild der Lage zu kommen und in den Innenkreis zurückzurutschen. Denn es kommen oft Aspekte ans Licht, die ich nicht im Blick hatte und nach dem Austausch mein Bild vervollständigen. Und das Aussprechen allein ist schon heilsam! Gute Freund/innen, Familie, Kolleg/innen… ich mach mir bewusst, wir sitzen alle im selben Boot und nutze aktiv die Gelegenheit zum Gespräch, z.B. mit den Fragen „wie geht es dir in dieser Situation?“, „Wie gehst du damit um?“.
- Etwas tun: Ich frage mich selbst, „Was kann ich konkret jetzt tun?“: Anderen beistehen mit einem offenen Ohr (z.B. Meiner Mutter, die noch Kriegsjahre erlebt hat oder Menschen, die sich um Angehörige in den betroffenen Gebieten sorgen). Spenden? Ein Bett für Geflüchtete bereitstellen? Mich für den Notfall ausrüsten? Auf einer Demonstration Solidarität und Gesicht zeigen? Jemandem von meinen Sorgen erzählen? Mir überlegen, wie ich die Sorgen und Fragen meiner Kund/innen bei meiner Arbeit berücksichtigen kann? Es gibt unzählige Möglichkeiten. Ich fange immer irgendwo an. Ein Schritt nach dem anderen.
- Eigene Stärken ausspielen: Ich suche aktiv Gelegenheiten, die mir Freude bereiten, wo ich meine Stärken einsetzen kann und die für mich Sinn ergeben. Mit meiner Improtheater-Gruppe Quatsch machen, malen oder ganz bewusst dem Vogelgezwitscher zuhören gehört dazu. Bei meiner ehrenamtlichen Tätigkeit kann ich mein Organisationstalent und Kreativität einsetzen, Menschen verbinden und Neues austüfteln, das macht richtig Spaß. Und ich weiß, dass ich da was gutes tue. Ja, auch die gute alte Ablenkung ist ein wichtiges „Werkzeug“: Eine gute Mischung aus „La dolce vita“ und den Dingen, die mir im Leben wichtig sind noch bewusster zu tun flutet mich mit Glückshormonen und trägt zur Stärkung und Gelassenheit gleichermaßen bei. Ich gelange dadurch ganz deutlich in den Circle of Influence und übe Selfleadership.
Die Mischung macht’s, finde ich und es geht darum herauszufinden, was bei mir bzw. bei dir gut gegen Angst funktioniert. Vielleicht sind meine Gedanken ja auch hilfreich für dich. Das wünsche ich dir.